Dienstag, 24. Februar 2015

Darf ich was sagen, bitte.

Also manchmal, und zwar sehr oft, würde ich gerne etwas sagen. Zu gewissen, sehr konkreten Menschen und immer wieder kehrenden, nicht spektakulären aber dennoch verstörenden Situationen, die einem täglich in der freien Wildbahn so begegnen. Denn: Für Schweigen wären sie viel zu schade.
Da gäb’s zum Beispiel die Lady beim Frisör, die zum fünften Mal über ihr Zuspätkommen berichtet, weil sie in einer unverzichtbaren Sitzung festgehangen ist. Dicht gefolgt vom Update über Privat- und Berufsleben, gekonnt gequetscht in einen Acht-Minuten-Monolog. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, sie hätte seit den frühen Morgenstunden nur darauf gewartet, dass ihr endlich jemand zuhört. Und das, obwohl man sie gar nicht überhören kann. Da möchte man ein Hintergrundklatschen einbringen oder eins dieser dramaturgisch einwandfrei platzierten „ohs“, die es sonst nur in amerikanischen Sitcoms gibt. Oder zu diesen gewissen Menschen auf der Rolltreppe - die sich so nah an einen ran stellen, dass sie jede einzelne noch so dezent verarbeitete und teuer bezahlte Shadow-Haarsträhne erkennen können – für die habe ich folgende Botschaft: Manchmal im Leben, da sind zwei Schritte zurück mehr wert, als einer nach vorn. Fast täglich auch, begegnet mir jemand, der im Strom einer Gehsteig-Menschenmasse ganz plötzlich stehen bleibt oder wie aus dem Nichts geisterfahrermässig die Richtung wechselt – zu diesem Fall kann nur kopfschüttelnd und mit einem Augenroller den Satz beendend sagen: Hat irgendjemand schon jemals einen Fisch gesehen, der im Fischschwarm einfach so umkehrt? Oder gar nicht mehr weiter schwimmt? Nein! Und warum nicht? Weil das ein ungeschriebenes Gesetz des Universums ist. Ein naturgegebener, kollektiver, lebewesenübergreifender Instinkt. Man macht es einfach nicht. Hallelujah! Da wären dann auch noch die In-die-U-Bahn Drängler, während noch nicht mal jemand draußen ist. Und das ist - wie soll ich sagen - so als würde man versuchen in ein volles Joghurt noch ein zweites zu quetschen - nur so als Gedanke. Neulich, da wurde ich von einer Mutter dampfwalzenmäßig vom Gehsteig gerammt - ich meine, nichts gegen Mütter mit Kinderwägen, aber was wäre wenn ich auch dampfwalzenmäßig einfach nicht ausweichen würde? Als erstes würde es doch das arme Kind treffen. zzz, kann ich da nur sagen. Dann gäb’s da auch noch die Jenigen, die sich die gesamte Filmspielzeit im Kino darüber aufregen, dass andere reden. Was soll man dazu noch sagen? Und vorige Woche erst, wurde ich von einer Dame angemotzt, während ich vor dem Regal auf der Suche nach einem Buch war: „Müssen Sie hier so rumstehen?!“ – „Nein, ich kann mich auch hinlegen, wenn Ihnen das lieber ist.“ Den, die Mariahilferstraße belagernden Greenpeace-Weltrettern, muss ich bedauerlicherweise mitteilen: Ich kaufe weder Wale noch Regenwälder. Dafür ist meine Wohnung einfach zu klein. Ich schwöre. Und zu guter Letzt an die Dame beim Humanic, die mich während meiner potenziellen Neuschuhanprobe fragt, ob es ihre Schucherl im Lager noch in Größe 39 gibt. „Echt jetzt?!“ – das musste einfach mal gesagt werden!

Freitag, 2. Januar 2015

Zurück in die Zukunft




Heute, habe ich mir eine Vintage Lampe gekauft. Das ist ja im wahrsten Sinne des Wortes nichts Neues. Wo jeder weiß, dass ich gerne abtauche in alten Zeiten. Und jetzt steht das Ding in meinem Wohnzimmer. Andächtig und Alt. Dabei frage ich mich, welche Geschichten mir die Lampe wohl erzählen könnte, wenn sie erzählen könnte? In welchen Wohnzimmern sie all die Jahre gestanden hat und wie viele Lachfalten sie hätte, wenn sie Lachfalten hätte? Vielleicht fragt sie sich auch, warum ich Lachfalten habe, obwohl ich noch gar nicht wirklich Vintage bin. Nun ja, das kommt vom Lachen. Und bestimmt fragt sie sich noch viel mehr, wie sie bei mir gelandet ist - aber auch das kann ich erklären: Durch 10 U-Bahn Stationen, in denen mich die Leute angeschaut haben, als wäre ich gerade zurück in der Zukunft gelandet. In der U-Bahn. Mit meiner Lampe. Wie Mary Poppins. In jedem Fall aber, ist es eine gute Sache Stücke bei sich zu haben, die etwas erzählen können, selbst wenn sie das nicht können. Mit alten Sachen ist es nämlich so, wie mit Geschichten - sie bringen einen in eine andere Welt. Wie das geht, weiß man nicht so genau - aber das ist egal, Hauptsache es funktioniert. Meine Lampe zum Beispiel, bringt mich in einen klassischen Woody Allen Film. Oder ins Paris der 20er Jahre. Ich bin sicher, ich wäre eine fabelhafte Parisianerin der 20er gewesen. Und bestimmt auch eine gute New Yorkerin. So wie jetzt auch. Bei Paris bin ich mir nicht mehr so ganz sicher. Dort oder da wäre in sehr vielen Jazz Bars gewesen & hätte in meinem tollen Kleid noch tollere Cocktails getrunken. In New York käme ich einer Dorothy Parker ähnlich. Vielleicht war ich ja sogar eine. Wer weiß. Und abgesehen davon, hätte ich ein Grammofon gehabt, denn ein Grammofon wollte ich immer schon mal haben. Das mit den Drinks, und Bars, und der guten Jazz Musik kann ich jetzt auch, aber mit der alten Lampe an meiner Seite, ist es etwas anderes - denn sie ist ein Tor in die andere Welt. Und das mitten in meinem Wohnzimmer. Damit bin ich jeden Tag im Paris der 20iger oder im New York der 60er. Sie erinnert mich an gute alte Zeiten, die wohl so gut sind, weil nur das Gute von ihnen übrig bleibt - wie zum Beispiel diese Lampe. Bei mir Zuhause. Was sie wohl denkt, zwischen Iphones & MacBooks? Vermutlich das selbe wie die Menschen in der U-Bahn: Kommt sie zurück aus der Zukunft, oder ich? Tja, wer weiß.

Samstag, 22. Februar 2014

Herr Oscar, warum weinen Sie?

Oscar ist ziemlich groß. Man könnte schon fast sagen dick, aber da man das nie tun würde – schon gar nicht in der Öffentlichkeit - nennen wir es stämmig plus einen kleinen Bauch. Seine Haare sind gräulich und dicht, sein Wesen etwas gemächlich und vor allem tollpatschig. Fast könnten man meinen er hat etwas elfantiges, aber dafür ist er trotz seiner Größe zu klein. Dass er nicht mehr der Jüngste ist merkt man daran, dass er es mittlerweile ohne Probleme schafft seinen männlichen Stolz bei der aktiven Suche nach einer täglichen Kuscheleinheit über Board zu werfen. Im Alter werden ja irgendwann doch alle einmal etwas reifer - viele weniger, manche mehr. Und Herr Oscar tut vor allem auch eines: Er raunzt. Ständig, immer und überall wo es ihm möglich ist. Also kam ich letztens nicht mehr umher ihn einfach einmal zu fragen: Warum weinen Sie, Herr Oscar? Haben Sie vielleicht Hunger, obwohl Sie Ihr Bauch mindestens ein Jahr lang auf einer einsamen Insel ernähren könnte? Tut Ihnen irgendwas weh, weil Sie ständig - träge und tollpatschig wie Sie sind - irgendwo dagegen laufen, aber so tun als wäre nix, damit es Ihrer imaginären Coolness nicht schadet? Drückt Ihnen vielleicht der Schuh, den Sie nicht anhaben? Ist Ihnen Ihr Getränk zu lauwarm, auch wenn Sie es weder heiß noch kalt wollen oder ist Ihnen vielleicht schlicht und ergreifend einfach nur fad im Schädel? Dann könnte ich Ihnen nämlich zur Beruhigung mitteilen: Ihnen ist zwar nicht zu helfen, aber immerhin sind Sie mit diesem Problem nicht allein. Mit etwas Glück und Taktgefühl finden Sie eine ganze Horde die mit Ihnen im Chor raunzt oder möglicherweise sogar einen Canon anstimmt - wollen Sie aber sicher nicht, wie ich Sie kenne. Und dafür bin ich Ihnen sogar ausnahmsweise einmal dankbar, denn das könnte ich auch nicht wollen, selbst wenn ich es wollen würde.
Gute Frage, meint Herr Oscar darauf, dreht sich genervt um und läuft an den Sessel. Herr Oscar ist übrigens eine Katze, aber das vergesse ich immer zu erwähnen. Es ist eben ein Jammer - mit mir.

Samstag, 23. November 2013

Warum soll man schlafen, wenn man auch tagträumen kann?

Neulich bin ich aufgewacht. Was nicht bedeutet, dass ich munter war. Also habe ich mich gefragt: Warum soll man schlafen, wenn man auch tagträumen kann? Und nach reiflicher Überlegung - eine Minute später - kam ich zu dem Schluss, dass es darauf nur eine sinnvolle Antwort gibt: Was ist das für eine Frage? Wo es doch viel wichtigere Dinge gibt, im Leben. Also kam ich nicht umher, mich ihnen zu stellen:
Warum heißen kurze Hosen „Shorts“ und lange nicht „Longs“? Wieso kaufen sich alle hässliche Fußmatten, obwohl die schönen gleich viel kosten? Und der erste Eindruck immer zählt. Was ist so schwer daran Laufen zu gehen, wenn man ohnehin ständig sinnlos in der Gegend herum rennt? Ob Weihnachten wirklich jemand mag? Warum sind nachts die Augen zu, obwohl man tagsüber auch mit offenen Augen schlafen kann? Wie viel Quadratmeter Wohnung passen in eine Frauenhandtasche? Ist das Universum eine Scheibe? Was macht man mit einem Liter Suppe, außer eine Woche Suppe essen? Warum müssen Züge nie pünktlich bei uns sein, wir aber schon bei ihnen? Wie kann man um sechs Uhr morgens schon gut drauf sein? Warum kann Humor Schwarz sein, aber nicht Gelb? Kann man von zu viel Schokolade abgesehen von dick auch seltsam werden? Warum gibt es so viele normale Menschen in einer so verrückten Welt? Warum haben wir nach dem Trinken immer Durst? Kann sich ein Baum auch einen Ast lachen? Welche Menge an Gin Tonics kann man vertragen? Und wo trägt man die dann alle hin? Wieso können wir immer noch nicht Zeitreisen? Wo wir doch längst zurück sind, in der Zukunft. Trinken Menschen an Vollmond mehr, weil er voll Mond heißt? Wer kann Zufall und Schicksal wirklich unterscheiden, abgesehen von Ironie? Warum wissen immer alle, alles besser? Können Vegetarier auch beleidigte Leberwürste sein? Warum gibt es für alles einen Grund, aber keinen Boden? Warum heißt es Frühstück, aber Abendessen? Weshalb kommt gut gemeintes immer schlecht an? Warum tun alle immer so erwachsen? Machen unsere Katzen auch heimlich Fotos von uns, wenn wir schlafen? Kann man einen Flachmann abfüllen? Wie blöd kann man eigentlich sein? Wie kann der Weg das Ziel sein, wenn immer erst am Ende des Weges ein Ziel ist? Warum bekommt der Körper ab dreißig seinen eigenen Kopf? Wieso gibt es Muskelkater und keine Muskelkatzen? Wie bitte soll man davon fliegen können, wenn man kein verdammter Vogel ist? Jetzt wo das geklärt ist, bleibt nur noch eine Frage offen: Wer stellt solche Fragen? Frag ich mich schon lange.

Wenn das Universum etwas sagen will, warum ruft es dann nicht einfach an?



Wir alle haben ein Smartphone, oder auch keines. Aber dafür ein anderes Handy. Dann sind wir zwar nicht so cool, aber jedenfalls trotzdem erreichbar. Immer und überall, außer für das Universum. Das vermittelt seine Botschaften nämlich ohne klingelnde Vorankündigung, dafür aber ganz gern mit extra Ironie. So wie ein Cafè Latte mit zehn extra Schuss Espresso. Naja, dann ist man wenigstens wach. Was ich mich allerdings schon frage ist: Wenn uns das Universum etwas sagen will, warum ruft es dann nicht einfach an? Wäre das nicht einfacher für alle? In Zeiten der NSA sind unsere Nummern ohnehin überall zu finden. Warum müssen wir uns immer erst durch den alltäglichen Dschungel der subtilen Zeichen kämpfen und alles vermasseln, um dann irgendwann den Sinn zu erkennen? Es ist ja auch nicht so, dass wir Botschaften nicht verstehen wollen. Aber wie sollen wir das denn, wenn wir nicht wissen wie, oder wo, oder wann?
Letztens beispielsweise - an einem Sonntag Abend - hab ich den ganzen Tag zuvor damit verbraucht auf eine Nachricht zu warten. Keine vom Universum, einem aus dem Handy . Eine Short Message: Leicht zu empfangen, sehr schwer zu senden - offensichtlich. Dazwischen hab ich Gewand nach Farben zu sortiert, ohne Nachricht. Alte Fotoalben angesehen, die mir zufällig beim anstarren des Bücherregals ins Auge gefallen sind. Hab etwas gekocht, ohne Hunger und ohne Nachricht. Hab die Wiederholungen der Samstag-Abend-Filme gesehen und bin knapp davor gewesen, bei Bauer sucht Frau hängen zu bleiben. Hab mehrere Stunden das Handy hypnotisiert, ohne Erfolg. Zugegeben: Wenn ich die Nachricht gewesen wäre, hätte ich auch Angst gehabt vor meinem Blick. Irgendwann aber, war dann genug gewartet. Leicht genervt hole ich den Müll und trage ihn vier Stockwerke nach unten. Das sind 120 Stiegen. Ich weiß es, weil ich sie täglich beim hinauf keuchen zähle. Mein Handy kommt natürlich mit .. könnte ja sein. Der Müll fliegt in die Tonne, das Handy durch die Luft - unabsichtlich, aber immerhin – und das Display sieht aus, als hätte es mein Blick gesprengt. Eh schon egal denk ich mir, denn Nachricht bekomm ich ja ohnehin keine. Ich krieche 120 Stiegen nach oben und setzte mich auf die Couch mit einem Achtel Rot. Das Handy klingelt. Ich kann die Nachricht nicht lesen. Kein Lichtstrahl der vom Himmel kommt, kein Engelschor, keine Harfe, nur die Ironie des Schicksals. Ich trinke weiter und das Handy klingelt nochmals. JA, ich hab die Nachricht verstanden! Diesmal sogar mit extra Ton.